Kleintier-Orthopädie
Behandlung von Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparates

Orthopädie

Die Tierorthopädie beschäftigt sich mit Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, also Veränderungen oder Verletzungen der Knochen und Gelenke sowie der Muskeln und Sehnen. Grundlage ist immer eine umfassende Untersuchen Ihres Tieres, um die richtige Vorgehensweise festzulegen. Sie kann von einer konservativen Behandung, wie z.B. einer Schmerztherapie, bis hin zu einer Operation reichen. Oft können operative Eingriffe minimal-invasiv durchgeführt werden. Auch Physiotherapie und Osteopathie können hier sowohl präventiv als auch ergänzend, begleitend oder nachoperativ sehr erfolgreich eingesetzt werden. Mit unserer langjährigen Erfahrung und modernen bildgebenden Geräten können wir fundiert Diagnosen erstellen und behandeln.

 

Unser Behandlungsumfang:

  • Knochenbrüche (Versorgung mit Plattenosteosynthese, Markraumnagelung und Fixateur)
  • Kreuzbandriss
  • Degenerative und chronische Gelenkserkrankungen


Diagnostische Untersuchungen in unserer Praxis:

  • Digitales Röntgen
  • Ultraschall (Sonografie)
  • Laboruntersuchungen


Beispiel: Versorgung eines Kreuzbandrisses

Da der Kreuzbandriss einer der häufigsten Lahmheitsursachen beim Hund ist und eine chirurgische Versorgung benötigt, bieten wir Ihnen verschiedene Operationstechniken („Bandersatz“ und TTA RAPID) an. Alle Möglichkeiten werden mit Ihnen ausführlich besprochen, um Ihr Tier bestmöglich zu versorgen.


Unser Behandlungsumfang

Ursachen für den Riss (Ruptur) des vorderen Kreuzbandes beim Hund

Biomechanisch sind Hund und Mensch nicht vergleichbar. Im Gegensatz zum Menschen, dessen Kreuzband ohne sichtbare Vorschäden durch ein Trauma oder durch mechanische Überlastung zerreißt, weisen gerissene Kreuzbänder beim Hund Besonderheiten auf. In histopathologischen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass in fast allen Fällen bereits vor dem Durchriss des Bandes Anteile degeneriert oder Teile rupturiert waren.

Ein einmaliges Überlasten des Bandes scheint beim Hund also im Normalfall nicht die Grundursache für den Kreuzbandriss zu sein. So erklärt sich auch, dass bei „frischen“ Kreuzbandrissen häufig bereits radiologisch nachweisbare arthrotische Veränderungen des Knochens vorliegen. Neuere Studien diskutieren zudem bakterielle Infektionen als Mitverursacher der Banddegeneration. Ein entscheidendes Kriterium für das Erleiden eines Kreuzbandrisses beim Hund scheint die Rasse und das individuelle Körpergewicht des Tieres zu sein. Bestimmte Rassen wie zum Beispiel Rottweiler, Labrador oder Neufundländer zeigen wesentlich häufiger einen Kreuzbandriss als beispielsweise der Schäferhund oder Dackel. Dennoch kommt die Erkrankung bei sämtlichen Hunderassen und -größen vor.

Tritt bei einem Tier ein Kreuzbandriss auf, so wird in 60-70 % der Fälle das zweite Knie den gleichen Krankheitsverlauf nehmen.

Anatomische Grundlagen

Das Knie ist ein Scharniergelenk. Es wird aus Tibia (Schien-), Fibula (Wadenbein), Femur (Oberschenkel) und Patella (Kniescheibe) gebildet. Seitlich geführt wird das Gelenk durch zwei Seitenbänder. Die Kreuzbänder stabilisieren den Rotationspunkt von Ober- und Unterschenkel, indem sie ein Vorwärtsgleiten des Unterschenkels verhindern. Als Stoßdämpfer zwischen Ober- und Unterschenkel fungieren die Menisken.

Diagnose „Kreuzbandriss“

Durch den Riss des Kreuzbandes kann ein Zurückgleiten des Oberschenkels nicht mehr verhindert werden und es zeigt sich das so genannte „Schubladenphänomen“. Hierbei kann der Unterschenkel bei Fixation des Oberschenkels nach vorne geschoben werden. Ein positives Schubladenphänomen ist beweisend für das Vorliegen eines Kreuzbandrisses.

Behandlung

Unbehandelte Kreuzbandrisse führen binnen kürzester Zeit zu Arthrosen im betroffenen Knie. Ein normales, schmerzfreies Laufen ist für den Patienten nicht mehr möglich.
Zur chirurgischen Versorgung sind diverse Operationsmethoden etabliert. Bei vielen Methoden erfolgt zunächst eine Inspektion des Knies einschließlich der Menisken. Bandreste und evtl. vorhandene defekte Meniskusanteile werden entfernt und das Gelenk wird vor dem Verschluss ausgiebig gespült.

Kapsel- und Faszienraffung:
Hunde bis ca. 8 kg Körpergewicht können problemlos mittels einer Kapsel- und Faszienraffung (Methode nach Meutstege) versorgt werden.

Extrakapsulärer Bandersatz:
Bei Tieren bis ca. 25 kg Körpergewicht kann eine Versorgung auch mit einem extrakapsulären Bandersatz erfolgen (Methode nach Flo oder De Angelis). Nichtresorbierbares Nahtmaterial wird hier zur Stabilistaion des Knies außerhalb des Gelenkes verankert. Der Faden wird in einer Schlaufe um die Fabella (Sesambein) und durch die Tibia gelegt. Dabei ist die Verlaufsrichtung des Fadenzügels parallel zur Verlaufsrichtung des gerissenen vorderen Kreuzbandes.

TTA rapid (Tibial Tuberositiy Advancement):
Mitte / Ende der 1990er Jahre kamen neue, von Veterinärchirurgen und Biomechanikern berechnete OP-Techniken in der Tiermedizin auf. Sie eignen sich zur Versorgung von Kreuzbandrissen bei allen Größen und Rassen, kommen allerdings insbesondere bei mittleren bis großen Rassen zum Einsatz. Eine Operationstechnik, die vor allem bei mittleren bis großen Rassen zum Einsatz kommt ist die TTA rapid (Tibial Tuberositiy Advancement). Die Operation mit TTA RAPID die derzeit fortschrittlichste Technik.

Durch seine Einfachheit mit nur einem Implantat dauert die Operation lediglich zwischen 18 und 40 Minuten (alternative Techniken dauern zwischen 40 und 90 Minuten). Dadurch ist die Narkosebelastung für Ihren Hund bei dieser Technik am geringsten. Das Implantat wird aus Titan (Klasse 1) gefertigt, welches das minimalste Infektionsrisiko aller Fertigungsmaterialien hat. Zudem besteht das Implantat aus einer offenporigen Konstruktion, wodurch es dem Knochen möglich ist, komplett durch das Implantat „hindurch zu wachsen“.

Bei dieser Methode wird der vordere Rand der Tibia weiter nach vorne gebracht, um ein Gleiten des Unterschenkels zu verhindern. Die eigentliche Neuerung dieser Methode ist, dass die Funktion des vorderen Kreuzbandes durch eine Veränderung der Biomechanik aufgefangen wird und so die auf das vordere Kreuzband wirkenden Kräfte auf 0 reduziert werden. Erreicht wird dies durch die Herstellung eines 90°-Winkels des Kniescheibenbandes zum Tibiaplateau.

Es gibt es keine Scherkraft mehr, die ein Rückwärtsgleiten des Oberschenkels hervorrufen kann. Der Verlust der Haltefunktion des vorderen Kreuzbandes wird dadurch ersetzt.

Welche Methode für Ihr Tier am sinnvollsten ist, besprechen wir gerne mit Ihnen.

Methodik TTA rapid

Durch das Abheben der Tuberositas tibiae und Einbringen eines Platzhalters (Cage) wird der Ansatzwinkel des Patellarbandes zum Tibiaplateau verändert. Gleichzeitig wird der Anpressdruck der Kniescheibe (Patella) auf die Knorpelflächen am Oberschenkelknochen (Femur) verringert. Dies erleichtert die Beweglichkeit des Kniegelenkes. Der Rotationspunkt des Kniegelenkes und dessen Kongruenz wird durch die TTA nicht verändert. Auch die Druckverhältnisse im Kniegelenk bleiben bestehen. Sowohl der reduzierte Anpressdruck der Patella als auch die Beibehaltung der ursprünglichen Druckverhältnisse vermindern eine Arthrosenbildung. Die Osteotomie im nichttragenden Teil der Tibia ermöglicht eine schnelle Mobilisierung des Patienten.

Postoperatives Management

Von größter Wichtigkeit für einen Operationserfolg ist eine postoperative frühfunktionelle Rehabilitation, welche dem Besitzer vor und nach der Operation ausführlich erläutert wird. Begleitend sollte eine Schmerzmedikation bis zum Entfernen der Fäden durchgeführt werden.

Eine Unterstützung durch physiotherapeutische Therapie ist sehr zu empfehlen. Röntgenkontrollen vier und acht Wochen nach Operation werden durchgeführt, um den Sitz der Implantate und den knöchernen Durchbau der Schnittstelle zu überprüfen.

Materialien der TTA rapid

Cages gibt es in vier verschiedenen Breiten, sowie in verschiedenen Längen. Der Cage wird mit Schrauben sowohl in der Tibia als auch in der Tuberositas tibiae verankert. Die Breite des Cages bestimmt letztendlich das Maß der Vorwärtsverschiebung des Patellarbandes.